Einen hervorragenden Platz in der Geschichte der Botanik nimmt die Familie de Candolle aus Genf. Der erste dieser Botanikerdynastie war Augustin-Pyrame de Candolle (4. Februar 1778 Genf bis 9. September 1841 Genf). Sohn eines Bankiers, studierte er Medizin in Paris und schloss 1804 ab. Danach studierte er Biologie bei Georges, Baron de Cuvier, und Jean-Baptiste de Monet, Chevalier de Lamarck.
Augustin-Pyrame de Candolle, Portrait durch Joseph Hornung (1839) (Quelle: Wikipedia)
Im Jahr 1805 erschien eine Neuauflage von «Flore Française» von de Lamarck aus 1778, diesmal in Zusammenarbeit mit Augustin Pyrame de Candolle. Im Band 4 sind nun auch Wildrosen auf Seiten 436–448 ausführlich beschrieben, d. h. Rosa eglanteria, sulphurea, arvensis, pimpinellifolitha, cinnamomea, villosa, tomentosa, collina, turbinata, centifolia, muscosa, semperflorens, pomponia, remensis, gallica, rubiginosa, rubrifolia, alpina, pyrenaica, sempervirens, moschata, canina und alba.
Eine dritte Auflage erfolgte 1815, zusammen mit einem neuen Band 5, dies letztere nur von de Candolle. In diesem Band beschrieb er 1300 zusätzliche Spezies, darunter Rosa umbellata, montana, dumetorum, foetida, leucantha, fastigiata, stylosa, prostrata, brevistyla, ribracteata, sepium, glandulosa, andegavensis und micrantha.
Inzwischen war 1807 seine Ernennung zum Professor für Botanik an der Universität von Montpellier erfolgt. Bei seiner Lehre sollen Klassen im Felde abgehalten worden sein, die von 2-300 Studenten besucht wurden und von 5 bis 19 Uhr dauerten! Während seiner Zeit in Montpellier publizierte er seine «Théorie élémentaire de la botanique» (1813), mit den weiteren Grundlagen eines binären Klassifikationssystems und der Taxonomie geschaffen wurden. Sein botanisches Kürzel «DC» findet man ab dann als Referenz in fast allen botanischen Werken, auch in «Les Roses» von Thory und Redouté.
Im Jahre 1816 kehrte er nach Genf zurück und übernahm bis 1834 den neuen Lehrstuhl für Naturkunde. Auch gründete er den Jardin botanique in Genf (1817). Ab 1824 bis zu seinem Tode erschienen die ersten 7 Bände seines monumentalen «Prodromus Systematis Naturalis Regni Vegetabilis», in der Zweikeimblättrige (dicotyledons) Pflanzen nach Klassen und Familien auf Latein systematisch behandelt werden. Im Band II (1825) werden auf Seiten 597–625 146 Rosenarten mit ihren Unterarten kurz beschrieben.
Aus «Flore Française», Band 4 (1805) (Quelle: Biodiversity Heritage Library)
Alphonse Louis Pierre Pyrame de Candolle (28. Oktober 1806 Paris – 4. April 1893 Genf), der Sohn von Augustin-Pyrame, tritt in seine Fussstapfen. Nach einem Jurastudium in Genf wurde er 1831 Honorarprofessor für Botanik und übernahm 1835 den Lehrstuhl seines Vaters. Im Jahre 1841 folgte er ihm als Direktor des Botanischen Gartens von Genf.
Alphonse Pyrame de Candolle (Quelle: Wikipedia/BnF Gallica)
Seine Hauptleistung war, dass er bis 1874 weitere 10 Bände des «Prodromus» seines Vaters schrieb und herausgab. Sein botanisches Kürzel war «A.DC.». Er war auch von 1848 bis 1880 Mitglied der Redaktion von «Flore des Serres et des Jardins de l'Europe», einer der führenden Gartenzeitschriften der Zeit, herausgegeben vom Belgier Louis van Houtte. Charles Darwin soll Alphonse de Candolle mehrmals in seiner «Entstehung der Arten» erwähnt haben.
Der Sohn von Alphonse war Anne Casimir Pyrame de Candolle (20. Februar 1836 Genf bis 3. Oktober 1918 Chêne-Bougieres, Genf), ebenfalls Botaniker («C.DC.»). Er arbeitete mit seinem Vater am Band 16 von «Prodromus». Sein Werk beschäftigt sich hauptsächlich mit Pflanzenphysiologie. Weiter geht es mit Richard Émile Augustin de Candolle (8. Dezember 1868 Walton-on-Thames – 4. Mai 1920 Vallon FR), Sohn von Casimir und ebenfalls Botaniker («Aug.DC.»). Er beschrieb einige Taxa, die jedoch uns Röseler nicht betreffen.
Nach dem frühen Tod von Richard Émile wurde das Herbarium de Candolle mit 400'000 Belegen und die Bibliothek mit 14'000 Büchern der Stadt Genf vermacht. Diese befinden sich jetzt im Konservatorium des Botanischen Gartens Genf.
Behcet Ciragan
Ein weiterer Schweizer Botaniker, der grossen Einfluss auf seine Zeitgenossen hatte ist der Arzt und Naturforscher Conrad Gessner (26. März 1516, Zürich bis 15. Dezember 1565 ebenda). Geboren in ärmlichen Verhältnissen, konnte er durch die Unterstützung seines Grossonkels, eines Kaplans des Grossmünsters, studieren. Wie Caspar Bauhin studierte er in mehreren in- und ausländischen Universitäten, nämlich Strassburg, Bourges, Paris, Montpellier und Basel. Er soll neben Deutsch auch die Sprachen Französisch, Italienisch, Latein, Altgriechisch und Arabisch beherrscht haben. 1541 wurde er Professor für Naturwissenschaften in Zürich und 1556 zum Stadtarzt ernannt.
Portait durch Tobias Stimme (1564) im Museum Allerheiligen SH (Quelle: Wikipedia)
Gessner war ein sehr produktiver Gelehrter: von etwa 1537 bis zu seinem Tode gab er zahlreiche eigene Schriften und Übersetzungen heraus. Mit seinem «Historia animalum» (1551) und «Stirpium Historia» (1553) gilt er als einer der Begründer der modernen Zoologie und Botanik.
Für uns interessant ist, was er über Rosen geschrieben hat. In seinem «Historia plantarum et vires ex Dioscoride, Paulo Aeginata, Theo pharato, Plinio etc.» (1541) gibt es eine allgemeinne Beschreibung von ROSA aus alten Quellen. 1561 erscheint «De Hortis Germaniae» (Aus Deutschlands Gärten) mit einem Text zur Rosa damascena, damals auch Rosa moschata genannt.
Auszug aus «De Hortis Germaniae», Seite 296 verso (Quelle: Biodiversity Heritage Library)
Was schreibt Gessner hier?
«Die Muskatrose oder Damascena Alexandrina, Nesrin von Serapion, wie Anguillara lehrt: Sie wird mit grossem Interesse in den Gärten bestimmter Adliger Deutschlands und tatsächlich einiger weniger kultiviert: Sie kommt aus dem Wald von Montpellier (wenn ich mich nicht irre). Ich habe kürzlich den sehr grossen Garten des edlen und berühmten Mannes Herrn Geor. Fugger besucht. Als ich vier seiner Pflanzen bekam, pflanzte ich sie. Ich habe die Blüten noch nicht gesehen. Die Blätter sind winzig und vierzählig angeordnet. Letzten Winter wurden diese Büsche durch die Kälte abgetötet.»
Nach 1560 begann Gessner die Arbeit an einem grossen illustrierten Werk der Botanik. Als er 1565 vorzeitig an der Pest starb, hatte er etwa 1500 Aquarelle von Pflanzen mehrheitlich selbst gemacht. Auszüge aus dem Nachlass wurden im 16. und 18. Jahrhundert publiziert. Die Aquarelle landeten nach vielen Handänderungen 1809 in der Universitätsbibliothek Erlangen. Eine Faksimile-Ausgabe mit etwa 400 Aquarelle wurde 1972–1980 in acht Bänden vom Urs Graf Verlag, Dietikon, herausgegeben (Conradi Gesneri Historia plantarum). Der Schweizer
Historiker und Bibliothekar Martin Steinmann (geb. 21. Juli 1940 in Aarau) übersetzte und kommentierte die Aquarelle. Hier sollen die wunderbar genauen Bilder der Rosen wiedergegeben werden:
Blatt 384 verso (Wildrosen) Blatt 385 recto (Gartenrosen)
Bei den Wildrosen beschreibt er Rosa pendulina, Rosa villosa, Rosa rubiginosa und Rosa villosa; im Bild der Gartenrosen finden wir Holoserica duplex, ’Alba semiplena’, R. gallica ’Officinalis’, ’Alba maxima’, Rosa damascena, ’Conditorum’ und ’Rose de Meaux’.
Zu Rosa pendulina (oben links) notiert Gessner z.B. in einem Gemisch aus Deutsch und Latein:
«Meienrösslein sine spinis ex horto meo. Nascuntur autem etiam in Albio monte….Nouena folia sunt haec, sed et undena habet, nec ulla alia rosa tot. Meienrössle vndersich.
Badse apud tonsorem uidi fruticem folijs latis, fraxini folijs similem.
Hic folia semper et omnia puto quaterna syzygia habent, praeter summum singulare. Domesticisuero nullis (nisi bis ipsis circura tis), syluestrium uero etiam Cynosbotus quaedam interdum quaternas, sed non omnes (ut hae) syzygias habent. ryssent hic nach ein estle mit 13 blettern wie ich zu baden gefunden han.»
Die Übersetzung von Martin Steinmann:
«Mairöslein ohne Dornen aus meinem Garten. Sie wachsen aber auch am Albis…..Dies sind je neun Blätter, es kommen aber auch elf vor, und keine andere Rose hat mehr. Mairöslein von unten.
In Baden bei Scherer habe ich einen Strauch gesehen mit breiten Blättern, welche demjenigen der Esche glichen.
Hier stehen die Blätter immer und überall in vier Paaren, wie ich glaube, ausser dem obersten einzelnen. Die zahmen aber haben das nie (ausser wenn diese selbe Art kultiviert wird), von den wilden aber besitzt auch eine gewisse Hagrose zuweilen, aber nicht durchwegs, vier Paare. Zeichnet nach diesem Muster ein Ästlein mit dreizehn Blättern, wie ich es in Baden gefunden habe.»
In weiteren Blättern findet man:
Blatt 379 verso (Rosa arvensis und Türkenbund-Lilie) Blatt 385 verso (Rosa foetida mit Campanula-Arten)
Wer gerne die Originalbilder und -texte genauer anschauen möchte, kann das in der Aargauer Kantonsbibliothek in Aarau tun (Band 7 von Conradi Gesneri Historia Plantarum verlangen). Die Texte und Bilder kann man auch in der Datenbank HelpMeFind finden.
Behcet Ciragan
Unser heute verwendetes zweiteiliges botanisches Namenssystem (z.B. Rosa gallica) für Wildrosen und andere Pflanzen ist auf das Werk «Species Plantarum» (1753) von Carl
von Linné zurückzuführen. Aber schon seit etwa Mitte des 16. Jh. gab es einen Aufschwung in Botanik und Versuche, die Pflanzenwelt zu beschreiben und zu systematisieren. Führende Exponenten dieser Bewegung waren die deutschen Botaniker Leonhard Fuchs und Hieronymus Bock (genannt «Tragus»), die flämischen Rembert Dodoens, Matthias Lobelius und Carolus Clusius; der Engländer John Gerard.
In der Schweiz wurde Basel sehr bald zu einem Zentrum für freie und länderübergreifende Forschung. Der Schweizer Mediziner und Botaniker Caspar Bauhin wurde mit seinen Publikationen zu einem der am meisten zitierten Quellen seit den 1620er Jahren. Das Kürzel C.B. oder C.B.P. (Pinax) ist als Referenz bei fast allen botanischen Werken der nächsten 150 Jahre zu finden.
Porträt in der Rektoratsmatrikel der Uni Basel (1598). Quelle: Wikipedia Commons
Caspar Bauhin (15. Januar 1560 Basel bis 5. Dezember 1624 Basel), wurde in einer Hugenottischen Familie geboren, die 1543 in Basel Zuflucht fand. Er studierte an der Medizinische Fakultät in Basel, sowie in Padua, Bologna, Paris, Montpellier und Tübingen. Im Jahr 1589 wurde er zum ersten Professor für Anatomie und Botanik in Basel ernannt.
Bauhin publizierte 1620 eine erste Auflistung von über 600 Pflanzenarten in «Prodromus Theatri Botanici». 1622 folgte sein Werk über die regionale Flora, «Catalogus Plantarum circa Basileam», in welcher er über 1000 Arten in einem Radius von 7,5 km von Basel beschrieb. Die ihm bekannten Wildrosen der Region waren:
– Rosa canina L., als Rosa sylvestris vulgaris flore odorato (gewöhnliche Wildrose mit duftenden Blüten)
– Rosa rubiginosa L., als Rosa sylvestris foliis odoratis (Wildrose mit duftenden Blättern)
– Rosa villosa L., als Rosa sylvestris pomifera major (Grosse obsttragende Wildrose)
– Rosa arvensis Huds., als Rosa arvensis candida (Weisse Feldrose)
Zu diesen Spezies erwähnt er die Synonyme aus anderen Autoren (Dod., Lob., Matth., Tab., Trag.) und wo die Rosen anzutreffen sind (dumetis = Dickicht, sepibus = Zäune, alnetis = aus der Fremde, agris = Felder).
Seinen bleibenden Ruhm erzielte Bauhin jedoch mit dem erweiterten Prodromus, das als «Pinax Theatri Botanici», 1623 in Basel publiziert wurde. In diesem Werk listete er sämtliche damals bekannten 5640 Pflanzenarten. Dieses wurde zu einer Standardquelle für die Botaniker. Er listet hier 19 Spezies von Rosen mit etwa 130 Unterarten bzw. Synonyme mit Quellenangaben, z.T. mit kurzen Beschreibungen. Als Beispiel:
– X. Rosa minor rubello flore, quae vulgo à mense Majo, Majalis dicitur
– Rosa cinamomea altera, Cam.
– Rosa provincialis minor Tab. Ger.
Also «die Rose mit kleinen rötlichen Blüten, gewöhnlich nach dem Monat Mai Majalis genannt».
Rosen aus «Catalogus Plantarum Circa Basileam» Quelle: Biodiversity Heritage Library Quelle: Biodiversity Heritage Librar
Diese Pinax war wohl ein durchschlagender Erfolg, dank auch seinem Index - sie ist zu einem von späteren Botanikern am meisten zitierten Quellen geworden.
Eine weitere Leistung von Bauhin war, dass er ein Herbarium mit über 4000 Pflanzenbelegen angelegt hat. Dieses Herbar ist z.T. erhalten und im Botanischen Institut der Uni Basel zu finden. Wir hoffen, dass eines Tages evtl. Belege für Rosa untersucht, digitalisiert, mit aktuellen Exemplaren verglichen und publiziert werden können. Damit wäre ein weiteres Kapitel der Kunstgeschichte der Rose in der Schweiz vervollständigt.
Behcet Ciragan
Ein weiterer Sohn Basels ist der Jurist und Botaniker Konrad Hermann Heinrich Christ (12. Dezember 1833 Basel – 23. November 1933 Riehen). Nach seinem Jurastudium war er Gerichtsschreiber, dann Anwalt und Notar, für kurze Zeit sogar Grossrat in Basel.
Quelle: Wikimedia Commons
Seinen bleibenden Ruhm erlang er jedoch nicht durch die Jurisprudenz, sondern durch seine botanischen Studien in der Freizeit und die über 300 botanischen Publikationen über einen Zeitraum von 80 Jahren (Autorenkürzel «Christ»).
Mit seiner Monografie «Die Rosen der Schweiz mit Berücksichtigung der umliegenden Gebiete Mittel- und Südeuropas» schuf er 1873 ein Standardwerk über unsere einheimischen Rosen. In diesem Werk werden über 219 Seiten die systematischen Merkmale von Rosen und die in der Schweiz vorkommenden Arten von Wildrosen ausführlich beschrieben, abgeschlossen mit einem Bestimmungsschlüssel. Christ reduzierte hierin die zu der Zeit überbordende Artenzahl auf 34 und relegierte viele sog. Spezies zu Unterarten.
Aus «Die Rosen der Schweiz»
Seine persönlichen Sammelaktionen fliessen überall in das Buch, z. B. schreibt er für Rosa rubella Smith:
Diese, in ihrer Erscheinung sofort von pimpinellifolia sich auszeichnende Form wächst in einer zahlreichen Gruppe beisammen unweit der letztern auf den buschigen Felsen der vordern Ravellenfluh, wo ich sie 1871 Anf. Sept. mit reifer Frucht fand, und wieder Anf. Juni 1872 im Verblühen, noch mit einzelnen Blüthen aufsuchte. Dieselbe Pflanze, allein mit fast fehlender Bestachelung, namentlich durchaus ohne Borsten zweiter Ordnung, mit dunkelrothen Zweigen und nackten Blüthenstielen, auf der Ramsfluh bei Aarau, leg. Mühlberg 1872.
Nach dieser ersten Publikation über Rosen tauschte sich Christ in Briefwechseln mit anderen Botanikern aus, z. B. mit dem belgischen Botaniker François Crépin über die Taxonomie der Wildrosen Mitteleuropas. Seine Überlegungen zur Taxonomie erschienen in einer Reihe von Artikeln im Botanischen Centralblatt (Kassel, 1884) als «Allgemeine Ergebnisse aus der systematischen Arbeit am Genus Rosa»; sowie in Übersetzung als Sonderdruck «Le Genre Rosa» (1885).
Ein weiterer Schweizer Botaniker, Pierre Edmond Boissier («Boiss.») (25. Mai 1810 Genf – 25. September 1885 Valeyres-sous-Rances VD), hatte 1867–1884 ein Monumentalwerk «Flora Orientalis» publiziert (lateinisch). Band II (1872) beinhaltete einen 20-seitigen Abschnitt über die Genus Rosa. Christ ergänzte dieses Werk im Jahr 1887 mit seiner «Rosae Orientalis», einer 30-seitigen Abhandlung über die Rosen des Nahen Osten (leider auch in Latein!). Interessant ist seine Aussage, dass Rosa moschata nastarana im südlichen Iran Gul e Reschti (Rose de Rescht) benannt wird.
Rosen waren nur ein Interessengebiet von Hermann Christ. Er publizierte auch über Farne, Bauerngärten, Basler Kräuterbücher, Flora der Schweiz und vieles mehr. Etwa 45 Taxa tragen immer noch seinen Namen.
Behcet Ciragan
Anmerkung der Redaktion
Auf der Reise durch den Iran mit Milly Weyermann 2008 waren wir auch auf den Rosenfeldern in Maymand, südlich von Shiraz. Hier wie auch an anderen Orten wird Rosenöl aus einer Form der Rosa damascena ‘Trigintipetala' hergestellt. Aber auch Rosenwasser aus Rosa moschata nastarana. Heute wird das Wasser aber nicht Golab Gul e Reschti genannt, sondern ist unter dem Namen Golab Nastaran erhältlich.
Der letzte Schweizer Botaniker, der einen namhaften Beitrag zur Rosen geleistet hat, ist Robert Keller (24. September 1854 Winterthur bis 8. Juli 1939 Winterthur), Gymnasiallehrer und Rektor der städtischen Schulen in Winterthur.
Keller studierte Naturwissenschaften und Zoologie in Zürich und Leipzig, bevor er 1877 seine Lehrerlaufbahn in Winterthur antrat. Er war zudem bis 1935 Kurator der städtischen naturwissenschaftlichen Sammlungen und war im Jahre 1884 einer der Gründer der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft
Winterthur.
Zusammen mit dem Zürcher Botaniker Hans Schinz gab er ab 1900 in mehreren Auflagen das Standardwerk «Flora der Schweiz» heraus, zum Gebrauch auf schulischen Exkursionen. In diesem Werk werden auch einheimische Wildrosen (R. arvensis, stylosa, gallica, canina, dumetorum, glauca, coriifolia, Cha-
vini, montana, rubrifolia, tomentella, abietina, uriensis, rhaetica, rubiginosa, micrantha, elliptica, agrestis, Jundzilli, tomentosa, omissa, pomifera, alpina, cinnamomea, pimpinellifolia) mit einem Bestimmungsschlüssel kurz beschrieben.
Seine grundlegende Arbeit über Wildrosen war jedoch das etwas umständlich betitelte «Synopsis Rosarum Spontanearum Europae Mediae / Übersicht über die mitteleuropäischen Wildrosen mit besonderer Berücksichtigung ihrer schweizerischen Fundorte». Dieses Werk wurde 1931 in 2 Bänden als Denkschrift der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft herausgegeben. Im ersten Teil werden über knapp 800 Seiten Wildrosenarten, -Unterarten und -Formen auf Latein beschrieben; das Vorkommen und weitere Erläuterungen sind jedoch auf
Deutsch gehalten. In zweiten Teil sind auf 40 «Tafeln» Herbariumbelege einzelner Rosenarten enthalten. Seine Beschreibungen mit dem botanischen Kürzel «R. Keller» sind noch
heute bei über 40 Unterarten gültig.
Tafel III der «Synopsis»
Als Beispiel Tafel III für Rosa pendulina L.:
Fig. 1 Blütenzweig der var. setosa Ser.; Fig. 2 Zweig mit Scheinfrucht der var. setosa Ser.; Gig. 3 Zweig der f. lagenaria Ser.; Fig. 4 Querschnitt durch die Scheinfrucht unmittelbar unter dem Diskus mit ausgebreiteten Kelchblättern und schmalem Diskus.
Tafel XX der «Synopsis»
Bilder: Quelle Biodiversity Heritage Lybrary
Tafel XX für Rosa micrantha Smith: Fig. 1–3 Verschiedene Entwicklungszustände von drei Blütenzweigen; Fig. 4 Corymbus reifer Scheinfrüchte; Fig. 5–10 Variabilität mittlerer Blätter der Blütenzweige; Fig. 11 Querschnitt durch die Scheinfrucht unmittelbar unter dem Diskus mit ausgebreiteten Kelchblättern und breitem Diskus.
Für den 100. Jahrestag der Synopsis im Jahre 2031 wäre es eigentlich eine lohnende Aufgabe für einen Botaniker, festzustellen, inwieweit die von Keller beschriebenen Wildrosen an den Standorten in der Schweiz überhaupt noch vorkommen.
Behcet Ciragan